Dienstag, 29. April 2014

Jobcenter fragen immer mehr Kontodaten ab

Jobcenter und andere Ämter rufen immer häufiger Kontodaten von Bankkunden ab

Jobcenter, Steuerbehörden und andere Ämter rufen immer öfter Kontodaten von Bankkunden ab. Damit sollen unter anderem Steuer- und Sozialkassenbetrüger aufgespürt werden. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff warnt jedoch vor der behördlichen Neugier.
Jobcenter und andere Behörden wollen Betrüger durch Kontodatenabrufe entlarven
In den vergangenen 15 Monaten hat sich die Zahl der Datenabrufe privater Konten durch deutsche Behörden verdoppelt. Das geht aus einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ unter Berufung auf Zahlen des Bundesfinanzministeriums hervor. 2013 seien demnach fast 142.000 Kontoabfragen durchgeführt worden – so viele wie noch nie. Vor allem Finanzämter und Gerichtsvollzieher haben der Zeitung zufolge die Abfragen genutzt. Auch im ersten Quartal diesen Jahres wurde bereits mehr als 48.000 Kontodatenabfragen getätigt.
Seit der Einführung im Jahr 2005 haben immer mehr Behörden die Möglichkeit erhalten, Daten von Bankkunden abzufragen. Dazu zählen Jobcenter, Steuerbehörden, Gerichtsvollzieher und Ämter, die für Bafög, Wohngeld und andere Sozialleistungen zuständig sind. Die Behörden nutzen dieses Instrument, um Betrüger zu entlarven - so zumindest die offizielle Version. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff berichtete gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“, dass Prüfungen der Aufsichtsbehörden jedoch gezeigt hätten, dass die Kontodatenabrufe häufig sogar ohne konkrete Begründungen erfolgten und die Betroffenen keine Benachrichtigung über diese Aktivität der Behörden erhielten. Der Gesetzgeber stehe deshalb „in der Pflicht, die Befugnis zum Kontenabruf zu überprüfen und auf das unbedingt erforderliche Maß zurückführen", so Voßhoff.
„Die neuen Zahlen zeigen wieder einmal, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von den Behörden von Jahr zu Jahr mehr verletzt wird", mahnt der Jan Korte von der Partei Die Linke gegenüber der Nachrichtenagentur. Die Kontenabfrage werde allmählich zur Standardmaßnahme. Korte fordert eine strikte Begrenzung des Verfahrens.
Durch den Kontodatenabruf können die Behörden den Namen, Adresse, Geburtsdatum sowie die Kontonummer des Betroffenen erfahren, der Kontostand bleibt dabei jedoch geheim. Gerichtsvollzieher dürfen zudem seit 2013 Daten beim Bundeszentralamt für Steuern, bei der Rentenversicherung und beim Kraftfahrt-Bundesamt über Konten, Beschäftigungsverhältnisse und Fahrzeuge abrufen. (ag)

Bild: Bredehorn.J / pixelio.de

Quelle:http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/jobcenter-fragen-immer-mehr-kontodaten-ab-90016065.php

Freitag, 11. April 2014

Umzugsaufforderung wegen 1,78 Euro zu hoher Miete

Alleinerziehende Mutter soll umziehen

Jobcenter fordert Alleinerziehende von zwei Kindern zur Senkung der Unterkunftskosten auf
Das Jobcenter Segeberg schickte einer alleinerziehenden Mutter von zwei Kindern eine Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten. Die Familie sollte wegen der 1,78 Euro zu teuren Miete umziehen. Über den Fall berichtet der Kieler Rechtsanwalt Helge Hildebrandt.
Umzug wäre teurer als geringfügige Überschreitung der Mietobergrenze
Die Mutter staunte nicht schlecht als sie ein Schreiben des Jobcenter vom 18. März 2014 mit der Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten in ihrem Briefkasten vorfand. Der Behörde zufolge liegt die Miete, die sie für die 68 Quadratmeter große Wohnung in Norderstedt zahlt, 1,78 Euro über der als angemessen definierten Mietobergrenze. „Da ich nicht dauerhaft aus Mitteln des SGB II unangemessen hohe Unterkunftskosten zahlen darf, sollten Sie sich darum bemühen, Ihre Unterkunftskosten durch Wohnungswechsel, durch Untervermietung oder auf andere Weise zu senken”, zitiert Hildebrandt aus dem Schreiben. „Nicht angemessenen Mieten können in der Regel längstens für drei Monate anerkannt werden (§ 22 Abs. 1 SGB II). Damit sind ab dem 01.08.2014 nur noch die angemessenen Kosten der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen.”
Dass ein Umzug wesentlich teurer für das Jobcenter und somit den Steuerzahler wäre als 1,78 Euro pro Monat weiterhin zu finanzieren, schien die Behörde dabei nicht zu interessieren. Dabei sieht das Gesetz in § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II eine solche Ausnahme vor: „Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.” Hildebrandt weißt zudem daraufhin, dass die Rechtsbelehrung in dem Schreiben des Jobcenters fehlerhaft ist. Während seitens der Behörde von bis drei Monaten die Rede ist, in denen die zu hohen Unterkunftskosten vom Jobcenter übernommen werden können, heißt es im Gesetz „in der Regel (…) längstens für sechs Monate” (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II). (ag)

Bild: Helene Souza / pixelio.de

Quelle:http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/umzugsaufforderung-wegen-euro-zu-hoher-miete-90016050.php

Dienstag, 8. April 2014

Hartz IV Kürzung wegen Geburt des Kindes

Werdendem Vater wurden Hartz IV Leistungen wegen Notkaiserschnitt seiner Frau gestrichen
Ein Erwerbsloser aus Bochum bekam ein ganz besonders Geschenk anlässlich der Geburt seiner Tochter. Die Arbeitsagentur kürzte die Leistungen des jungen Mannes, da er aufgrund des Notkaiserschnitts seiner Frau nicht zu einem Termin bei der Behörde erschien. Über den Fall berichtete die Online-Ausgabe der „Westdeutschen Allgemeine“ (WAZ).

Wegen Notkaiserschnitt Termin bei Arbeitsagentur verpasst
Ein kurz zuvor erwerbslos gewordener Bochumer erhielt einen Anruf seiner schwangeren Frau aus dem Krankenhaus. Sie teilte ihm mit, dass er schnell in die Klinik kommen müsse, weil ihre Fruchtblase geplatzt sei und das Kind jetzt mit einem Notkaiserschnitt auf Welt geholt werde. Der Werdende Vater machte sich daraufhin umgehend auf den Weg ins Krankenhaus. Zuvor rief aber aber noch bei der Arbeitsagentur an, um einen Termin, den er am selben Tag hätte wahrnehmen müssen, aufgrund der Geburt abzusagen. Er erreichte aber nur das Servicecenter. Dort hinterließ der Erwerbslose eine Nachricht für seinen Sachbearbeiter.
Offenbar kam diese Nachricht aber mit deutlicher Verspätung beim Sachbearbeiter an. In der Zwischenzeit veranlasste dieser eine Leistungskürzung aufgrund des Terminversäumnisses. Am 27. März fand der frischgebackene Vater ein entsprechendes Schreiben der Arbeitsagentur in seinem Briefkasten. „Der Einladung vom 24. März sind Sie (...) leider nicht nachgekommen. Sie haben bisher auch keinen wichtigen Grund mitgeteilt. Die Leistungen wurden daher vorläufig eingestellt“, hieß es in dem Brief wie die WAZ berichtet. Noch am selben Tag suchte der Bochumer seinen Sachbearbeiter auf und schilderte ihm die Angelegenheit. Dieser lenkte ein, entschuldigte sich und veranlasste die Fortzahlung der Leistungen sowie eine Barauszahlung für den Zeitraum, in dem der Mann kein Geld erhalten hatte.
„Wir entschuldigen uns für den Vorfall“, erklärt eine Agentursprecherin auf Anfrage. Eine Geburt zähle „selbstverständlich“ zu den Gründen, um einen Termin bei der Arbeitsagentur abzusagen. Aber muss immer erst die Öffentlichkeit eingeschaltet werden, um Schlimmeres zu verhindern? (ag)

Quelle:http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-kuerzung-wegen-geburt-des-kindes-90016044.php