Mittwoch, 12. September 2012

ESM

Ja, aber... Nun ja, das "Ja" hätte ich in fünffacher Größe und das "aber" mit dreifacher Verkleinerung schreiben müssen, um dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden. Der ESM ist mit dem Grundgesetz vereinbar, und damit sind schon mal die ersten 190 Milliarden Euro weg. Falls das Gericht Nein gesagt hätte, wäre das auch nicht schlimm gewesen, da hätte man eben das Grundgesetz dem ESM angepaßt. Es ist ja keine Verfassung, da kann man flexibel reagieren.

Die neue europäische Schuldenunion bekommt erst einmal 22 Milliarden von Merkeldeutschland überwiesen, die restlichen 168 folgen, sobald das ESM-Direktorium mit den Fingern schnippst. Über die Verwendung des Geldes entscheidet ein Gouverneursrat, zusammengesetzt aus den Finanzministern, deren Stimmen nach dem Anteil der Einzahlungen gewichtet sind. Herr Schäuble verfügt mit 27% über eine Sperrminorität. Geld sollen nur Länder erhalten, welche die Auflagen des Fiskalpaktes erfüllen, also eine Schuldenbremse in ihre Verfassungen geschrieben haben.

Soweit reicht das "Ja", und das ist genug Sprengstoff, um jeden nationalen Haushalt zu ruinieren. Lassen wir Italien in Bedrängnis geraten. Der Fiskalpakt wurde erfüllt, die Verfassung geändert. Und nun werden 50 Milliarden Euro von Merkeldeutschland angefordert, zu zahlen binnen einer Woche. Da kann Herr Schäuble rotieren, und zwar derart, daß er an den nächsten Paralympics teilnehmen kann.

Kommen wir nun zum "aber". Das hohe Gericht hat festgelegt, daß der Bundestag bei den Rettungsmaßnahmen zu informieren ist. Informieren - das kennen wir aus dem Privatleben. Wenn wir unsere Mutter darüber informieren, daß die wertvolle Vase, die von Generation zu Generation vererbt worden ist, von ihrer finalen Generation mittels eines Fußballs aus der Erbmasse entfernt worden ist, haben wir die Informationspflicht erfüllt. Es genügt folglich, wenn die Regierung dem Parlament mitteilt, daß das Geld weg ist. Zu sagen haben die Damen und Herren Abgeordneten nach dem Willen des Gerichts nichts.

Das zweite "aber" legt fest, daß der Bundestag zustimmen muß, wenn die Haftung über die vereinbarten 190 Milliarden hinausgehen soll. Es genügt die einfache Mehrheit, doch das ist zweitrangig. Der Bundestag hat bisher immer zugestimmt, die Opposition hat bereitwillig mitgeholfen. Vermutlich würde der Bundestag selbst seiner eigenen Hinrichtung zustimmen, wenn die Damen und Herren Fraktionsvorsitzenden das verlangen.

Verstehen sie nun die Gewichtung? Auf 20 Tonnen Ja wurden 5 Gramm aber gesetzt. Gut gemacht, Rotroben! Brav! Guter Hund! Dafür gibt es demnächst ein Leckerli! Und der Euro ist ebenfalls gestiegen.

Quelle: http://www.michaelwinkler.de/Kommentar.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen