Dienstag, 29. Januar 2013

Hartz IV Betroffenen absichtlich für tot erklärt?

Erklärte das Jobcenter Neustadt an der Weinstraße einen Hilfesuchenden absichtlich für tot?
29.01.2013
Der Hilfesuchende Selbständige Stefan D. staunte nicht schlecht, als er beim Jobcenter Neustadt an der Weinstraße nachfragte warum die bewilligten aufstockenden Hartz IV-Zahlungen an ihn grundlos eingestellt worden waren. Denn der zuständige Sachbearbeiter Herr K. antwortete ihm sinngemäß: „Das machen wir manchmal um zu sehen ob die Leute noch leben“.
Allzu lebendig sollte man sich bei dem Jobcenter Neustadt jedoch nicht zeigen, denn als Herr D. im Rahmen seiner Selbständigkeit zwei Mal in Baumärkten bei der Inventur aus half, flatterten ihm prompt zwei Schreiben des gleichen Sachbearbeiters ins Haus. Diese beinhalteten jeweils, dass die Hartz IV-Zahlungen eingestellt wurden, weil Stefan D. zwei Vollzeitstellen in den Baumärkten angenommen habe.
Doch damit nicht genug. Kurze Zeit später wurde eine Kontopfändung und Zwangsvollstreckung seitens des Jobcenters bei Herrn D. angekündigt und dies, trotz Klärung mehrmals, obwohl es dafür keinerlei juristische Grundlage gab.
Angesichts dieser Erfahrungen wunderte es Herrn D. dann nicht mehr sonderlich als der Sachbearbeiter K. ein angeforderte Prognose der in den nächsten 6 Monaten zu erwartenden Einnahmen aus der Selbständigkeit von Stefan D. nicht anerkannte und alle Leistungen erneut einstellte. Vielmehr zweifelte Herr D. nun nicht mehr im geringsten daran, dass auch die Geschichte die ein Bekannter ihm unlängst erzählt hatte stimmte: Ein Hilfesuchender der auffällige Zahnlücken hatte bekam von einem Sachbearbeiter gesagt, er solle sich doch in der „Geisterbahn“ bewerben.
Angesichts dieser Schildbürgerstreiche stellt sich bei dem Betroffenem die Frage, ob „dies Taten Einzelner sind, die ihre Geltungssucht und persönlichen Defizite auf diese Art ungestört ausleben können, oder ob hier ein System, berechtigte Ansprüche auf diese Weise abzuwehren um Gelder einzusparen, dahinter steckt“. Für D. Steht eines jedoch fest: „Eine Politik die so etwas zustande gebracht hat, dürfte aber auf jeden Fall keine allzu große Zukunft mehr haben.“

Bild: Gerd Altmann, pixelio.de

Quelle:http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-betroffenen-absichtlich-fuer-tot-erklaert-9001304.php

Donnerstag, 24. Januar 2013

Bundesgerichtshof erkennt Schadensersatz für den Ausfall eines Internetanschlusses zu

Der unter anderem für das Telekommunikationsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Kunden eines Telekommunikationsunternehmens Schadensersatz für den mehrwöchigen Ausfall seines DSL-Anschlusses zuerkannt.

Infolge eines Fehlers des beklagten Telekommunikationsunternehmens bei einer Tarifumstellung konnte der Kläger seinen DSL-Internetanschluss in der Zeit vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht nutzen. Über diesen Anschluss wickelte er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr ab (Voice und Fax over IP, VoIP). Neben Mehrkosten, die infolge des Wechsels zu einem anderen Anbieter und für die Nutzung eines Mobiltelefons anfielen, verlangt der Kläger Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-Anschluss während des genannten Zeitraums für die Festnetztelefonie sowie für den Telefax- und Internetverkehr zu nutzen, in Höhe von 50 € täglich. In den Vorinstanzen sind dem Kläger 457,50 € für das höhere, bei dem anderen Anbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung zuerkannt worden. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger seinen Schadensersatzanspruch für die entgangenen Nutzungsmöglichkeiten seines DSL-Anschlusses weiter verfolgt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen sich die Funktionsstörung typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt.

In Anwendung dieses Maßstabs hat der III. Zivilsenat einen Schadensersatzanspruch wegen des Ausfalls des Telefaxes verneint. Dieses vermittelt lediglich die Möglichkeit, Texte oder Abbildungen bequemer und schneller als auf dem herkömmlichen Postweg zu versenden. Der Fortfall des Telefaxes wirkt sich zumindest in dem hier in Rede stehenden privaten Bereich nicht signifikant aus, zumal diese Art der Telekommunikation zunehmend durch die Versendung von Text- und Bilddateien mit elektronischer Post verdrängt wird.

Im Ergebnis hat der Senat einen Schadensersatzanspruch auch für den Ausfall des Festnetztelefons abgelehnt. Allerdings stellt die Nutzungsmöglichkeit des Telefons ein Wirtschaftsgut dar, dessen ständige Verfügbarkeit für die Lebensgestaltung von zentraler Wichtigkeit ist. Die Ersatzpflicht des Schädigers für die entgangene Möglichkeit, Nutzungsvorteile aus einem Wirtschaftsgut zu ziehen, entfällt jedoch, wenn dem Geschädigten ein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht und ihm der hierfür anfallende Mehraufwand ersetzt wird. Dies war vorliegend der Fall, weil der Kläger im maßgeblichen Zeitraum ein Mobiltelefon nutzte und er die dafür angefallenen zusätzlichen Kosten ersetzt verlangen konnte.

Demgegenüber hat der Senat dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit zuerkannt, seinen Internetzugang für weitere Zwecke als für den Telefon- und Telefaxverkehr zu nutzen. Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissenschaftlichen Themen. Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt. Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands bedient sich täglich des Internets. Damit hat es sich zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.

Zur Höhe des Schadensersatzes hat der Senat ausgeführt, dass der Kläger in Übertragung der insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die in dem betreffenden Zeitraum für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung angefallen wären, bereinigt um die auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbwirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren.

Zur näheren Sachaufklärung hierzu hat der Senat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Urteil vom 24. Januar 2013 – III ZR 98/12

AG Montabaur - Urteil vom 7. Dezember 2010 – 5 C 442/10

LG Koblenz - Urteil vom 7. März 2012 – 12 S 13/11

Karlsruhe, den 24. Januar 2013

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Freitag, 11. Januar 2013

Jobcenter muss Telefonliste rausgeben!

Jobcenter muss Telefonliste der Sachbearbeiter herausgeben
11.01.2013
Für Hartz IV Betroffene ist es kaum möglich, direkt mit dem zuständigen Sachbearbeiter zu telefonieren. Stattdessen muss meistens eine sogenannte Servicenummer angerufen werden, wobei häufig Informationen falsch oder überhaupt nicht übermittelt werden. Direkte Fragen können nicht gestellt werden. Eine Rechtsanwaltskanzlei hat das Jobcenter nunmehr auf die Herausgabe der Telefonliste der einzelnen Sachbearbeiter geklagt, nachdem sich die Behörde trotz Widerspruch weigerte.
Bürger haben ein Anrecht auf Diensttelefonlisten der Behörden
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Leipzig gab der Klage statt. Die Anwaltskanzlei hat ein Recht auf den Zugang der Diensttelefonliste mit den entsprechenden Durchwahlnummern der im „Bürgerkontakt stehenden Mitarbeiter des Jobcenters Leipzig“. Das Gericht betonte, dass das Informationsfreiheitsgesetz einen umfassenden Informationsanspruch von Bürgern gegenüber behördlichen Einrichtungen gewährleistet. Nur wenn Sicherheits- oder Datenschutzgründe gegen die Herausgabe von Informationen spricht, könne diese verweigert werden.
Eben jener Hinderungsgrund traf hier aber nicht zu, so die Richter. Es gibt weder Datenschutz- noch Sicherheitsgründe die eine Herausgabe der Dienstnummern der Jobcenter-Mitarbeiter verhindere. „Die innere Organisation des Jobcenters allein ist kein Kriterium, das dem Informationsanspruch des Bürgers entgegen gehalten werden kann“, urteilte das Verwaltungsgericht Az. 5 K 981/11. Der Anspruch auf Herausgabe der Telefonliste gilt für alle Bürger und nicht nur für die Rechtsanwaltskanzlei. (sb)

Quelle:http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/jobcenter-muss-telefonliste-rausgeben-9001292.php

Mittwoch, 9. Januar 2013

Wenn Hartz IV-Anträge verloren gehen

Rund 30 Prozent der eingesandten Unterlagen und Briefe gehen in den Jobcentern verloren
09.01.2013
Am Abend bekommt eine Hartz IV-Betroffene aus Bremen einen Anruf. Am anderen Ende meldet sich ein Unbekannter, der zahlreiche Details aus dem Leben der Angerufenen nennt. Auffällig war, dass der Unbekannte alle Informationen nannte, die die junge Frau erst vor einigen Stunden in ihrem Hartz IV-Antrag ausfüllte. Einige Stunden zuvor hatte sie persönlich den Antrag in den Briefkasten des Jobcenters Bremen-Mitte geworfen. Dieser befindet sich im Inneren des Gebäudes.
Der Anrufer sagte, er hätte die Unterlagen am Abend im Gebüsch gefunden. Er wollte keine Angst machen, sondern sie nur warnen. Wäre dieser aber ein Verbrecher, so hätte er mit den sensiblen Daten wie den Kontoauszügen der letzten drei Monate, der letzten Gehaltsabrechnung, Mietvertrag und Krankenkassen-Bescheinigung sehr viel Unheil anstellen können.
Verschwinden von Briefen kein Einzelfall
Der beschriebene Fall ist längst kein Einzelfall. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hatte bereits vor 12 Monaten darauf hingewiesen, dass der Briefkasten im Jobcenter Bremen-Mitte zu unsicher sei. Aktive Erwerbslose berichten, dass es immer wieder vorkomme, dass Anträge und Brief verschwinden. Zum Nachteil der Absender, denn sie müssen nachweisen, dass sie den Brief tatsächlich abgeschickt haben.
„Diese Briefkästen waren durch ihre geringe Größe und ihre Standorte nicht ausreichend vor unberechtigten Zugriffen geschützt“, berichtet Juliane Heinrich, Sprecherin des Bundesdatenschutzbeauftragten. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz habe bereits das Jobcenter aufgefordert, die Briefkästen zu ersetzen und regelmäßig zu leeren. Im Zuge einer durchgeführten Kontrolle seien weitere Mängel im Bereich des Datenschutzes aufgefallen. Das Gesamtverfahren sei jedoch erst im Januar abgeschlossen.
Eingangsstempel im Jobcenter geben lassen
Tobias Helfst vom Bremer Erwerbslosenverband (BEV) erläutert dass immer wieder Unterlagen im Jobcenter verschwinden. Etwa jeder dritte Hilfesuchende berichtet hiervon in einer Sprechstunde. Das sei Alltag, so Helfst. Der Sozialberater rät daher, den Empfang eines Briefes immer quittieren zu lassen. Im Jobcenter gibt es hierfür eine eigene Poststelle. Es gibt auch Hartz IV-Behörden, die den Eingangsstempel prinzipiell verweigern. Verschwindet dann ein Antrag, sind die Betroffenen auf das Wohlgefallen des Sachbearbeiters angewiesen. Stellt dieser sich quer, beginnt der Leistungsanspruch erst Wochen später, da ein erneuter Antrag gestellt werden musste. Es komme auch immer wieder vor, dass Betroffene Sanktionen erleiden müssen, weil angeblich die „Mitwirkungspflicht“ nicht eingehalten wurde. Auch hier ist oft das Verschwinden von Briefen ursächlich.
30 Prozent der Unterlagen verschwinden in den Amtsstuben
Auch in anderen Städten ist das Verschwinden von Unterlagen in den Jobcentern ein Problem. Zwar gibt es über die Gesamtzahl keine Erhebungen, die Erwerbslosen-Beratungsstelle Tacheles schätzt aber, dass bundesweit etwa 30 Prozent der eingesandten Briefe verschütt gehen. Der Sozialwissenschaftler Harald Thomé vermutet, dass es an der „katastrophalen Unterbesetzung“ der Sozialbehörden liegt.
Das Jobcenter Bremen-Mitte hat durch ihre Sprecherin ankündigen lassen, einen „zugriffssicheren Postkasten“ installieren zu lassen. Dieser habe einen speziellen Zugriffsschutz und würde demnächst angebracht werden. Bis heute war dieser aber noch nicht zu sehen. (sb)

 

Quelle:http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/wenn-hartz-iv-antraege-verloren-gehen-9001291.php