Montag, 22. November 2010

594 Euro Mindest-Regelsatz für Hartz IV gemäß Bundesverfassungsgerichtsurteil

Erste Ergebnisse aus dem Sachverständigen-Gutachten von Rüdiger Böker für die Sozialausschuss-Anhörung am 22. November

Bild: © M.Kinder für Sozialticker - Kohle / Geld„Trotz der in vielen Bereichen unvollständiger Zahlenlage und ohne die Kostensteigerungen seit 2008 können in der morgigen Sozialausschusssitzung mindestens 594,93 € Regelsatz gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nachgewiesen werden,“ freut sich Hartz4-Plattform Sprecherin Brigitte Vallenthin gegenüber dem Sozialticker nach einer ersten Sichtung der bereits am Wochenende vorliegenden 345 Seiten schriftlicher Stellungnahmen der Sachverständigen. „Mit der aufwändigsten 123-seitigen, detaillierten Analyse von Rüdiger Böker liegt der bislang einzige „realitätsgerechte“ und „transparente“ Nachweis für die Ermittlung des Hartz IV-Regelsatzes vor, so wie ihn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 9. Februar gefordert hat.

Und wenn man über die noch fehlenden Zahlen des Statistischen Bundesamtes und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hinaus von 2008 bis heute hoch rechnet, kann sich jeder leicht vorstellen, dass da noch signifikante Steigerungen für das Grundrecht auf ein „menschenwürdiges Existenzminimum“ notwendig zu berücksichtigen sind – denkt man alleine nur an die explodierenden Steigerungen von Miet-Neben-Kosten, Strom sowie Heiz-Energie oder Krankheitskosten-Zuzahlungen. Wir bewegen uns also – wie schon 2007 in meiner eigenen Regelsatzklage dargelegt - im Bereich eines Regelsatzes um 600 €.“

Bereits für die Hartz IV-Klage beim Bundesverfassungsgericht hatte Rüdiger Böker, Mitglied des Deutschen Sozialgerichtstages, fundiertes Berechnungsmaterial geliefert. In seiner aktuellen Stellungnahme zum Gesetzentwurf von Bundesministerin von der Leyen weist er einleitend u.a. ausdrücklich darauf hin, dass das seine

  • Anfragen zur Verifizierung des Zahlenmaterials der Bundesregierung vom Statistischen Bundesamt „bisher nur unvollständig“ und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales „gar nicht beantwortet wurden“.
  • Ferner „erfüllen“ die „vom BMAS veröffentlichten ergänzenden Informationen“ die „vom BVerfG (…) definierten Anforderungen an „Transparenz“ und „Nachvollziehbarkeit“ nicht.“
  • „Die im Gesetzentwurf als „notwendig“ eingestuften Güter und Dienstleistungen (…) sind zu der dort berücksichtigten Höhe der Ausgaben am Markt nicht erhältlich.“
  • „Eine eigenständige Ermittlung der tatsächlichen Bedarfe von Kindern fehlt weiterhin.“
  • „Auf Basis der vom BMAS veröffentlichten Daten (…) ergibt sich (…) ein Leistungsanspruch in Höhe von monatlich EUR 594.“

„Im Ergebnis müssen wir seitens der Hartz4-Plattform feststellen,“ so Brigitte Vallenthin gegenüber dem Sozialticker: „wir haben keineswegs – wie noch am 20. Oktober vor den Verfassungsrichtern reumütig bekundet – einen „lernenden Gesetzgeber“. Die Bundesregierung kann - oder will sie etwa nicht? – dazu lernen. Mindestens aber schämt sie sich nicht, dem Bundesverfassungsgericht ungeniert wieder „ins Blaue geschätzte Zahlen“ auf den Karlsruher Richtertisch zu legen. Denn laut Analyse von Rüdiger Böker ist auch 13 Monate nach der Karlsruher Verhandlung festzustellen:

  • „Das vom BMAS ergänzend veröffentlichte Daten-Material“ enthält „ Angaben, die offenkundig unwahr und irreführend sind.“

Und:

  • Der Gesetzentwurf enthält keinerlei Angaben, die eine verfassungs-konforme Begrenzung der Höhe des Regelbedarfs auf lediglich EUR 364 monatlich rechtfertigen könnten.“

Alle Stellungnahmen der Sachverständigen auf: www.hartz4-plattform.de

Quelle: Brigitte Vallenthin - Hartz4-Plattform - keine Armut! - kein Hunger! - kein Verlust von Menschenwürde!

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