Dienstag, 21. September 2010

Integrationsdebatte: Placebo für den Stammtisch

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In der durch Sarrazin angestoßenen Scheindebatte über Integration wird dem für blöd geglaubten Volk ein Tänzchen vorgeführt, so als ob es tatsächlich darum ginge, Lösungen für die einen Teil der Zuwanderer betreffende Integrationsmisere zu finden. Damit es authentisch wirkt, führen SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grüne Empörungspolitiker ein Tänzchen auf, das dem klammheimlich verachteten Pöbel, den man gerne mit Stammtisch umschreibt, suggerieren soll, eine Lösung werde tatsächlich in Angriff genommen.

Doch schon die Vorschläge und Reaktionen zeigen auf: soweit man das Problem überhaupt wahrzunehmen bereit ist, müssen die Deutschen und die ohnehin schon Integrierten einmal mehr die Zeche bezahlen.

Gabriel sagte gegenüber dem Spiegel:

Gabriel: […] Da liegt doch der Schlüssel – auch wenn wir über das Problem Integration reden…

SPIEGEL ONLINE: … das nicht nur ein Problem der Regierung ist, sondern auch Ihrer Partei. Oder würden Sie das bestreiten?

Gabriel: Natürlich haben wir da auch eine Aufgabe.

SPIEGEL ONLINE: Was heißt Integration denn für Sie?

Gabriel: Zuerst fördern: Sprachangebote, Familienbildungszentren in sozialen Brennpunkten und Ganztagsschulen ausbauen und Lehrstellen vermitteln. Wir müssen auch die vielen gelungenen Beispiele für Integration öffentlich vorzeigen. Deutschland kann doch stolz darauf sein, wie viele Kinder eingewanderter Gastarbeiterfamilien längst bei uns Wissenschaftler, Facharbeiter oder Unternehmer sind. Aber natürlich müssen wir auch fordern. Egal ob Deutscher oder Ausländer: Wer seine Kinder nicht regelmäßig und pünktlich in die Schule schickt, dem schicken wir die Polizei vorbei und der zahlt auch empfindliche Bußgelder – auch dann, wenn er Hartz-IV-Bezieher ist. Wer auf Dauer alle Integrationsangebote ablehnt, der kann ebenso wenig in Deutschland bleiben wie vom Ausland bezahlte Hassprediger in Moscheen. Und wo es Kriminalitätsbrennpunkte gibt, egal ob deutsche oder ausländische, da brauchen wir zur Not auch deutlich mehr polizeiliche Präsenz vor Ort.

Schon dass sich Gabriel einmal mehr darauf konzentriert, mit anderer Leute Geld für etwas zu sorgen, was in der Verantwortung der Zuwanderer liegt, zeigt auf, dass die SPD erneut die Integrationsindustrie füttern will und damit sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Empfängerseite das eigene Klientel im Auge hat. Im Privatrecht nennt man so etwas einen Vertrag zu Lasten Dritter, der demnach auch unzulässig wäre. Aber hier ist das etwas anderes, handelt es sich doch um die Politik im Interesse des Deutschen Volkes. Doch schon alleine so zu denken ist bekanntlich faschistisch und so handelt jeder antifaschistisch, der die Interessen der Deutschen nicht im Auge hat. Insofern ist Gabriel unter den Widerstandskämpfern ein großer.

Das, was uns der Vorsitzende der angeblichen Kleine-Leute-Partei als harte Maßnahmen verkaufen möchte, ist ohnehin eine Selbstverständlichkeit, oder sollte es sein. Aber bisher ist in § 8 AufenthG die aufentaltsrechtliche Konsequenz von Integrationsverweigerung auf so wenige Fälle beschränkt und mit so vielen Schlupflöchern versehen, dass es eigentlich eine „Nicht-Norm“ darstellt.

Da wundert sich denn auch der Spiegel und fragt:

SPIEGEL ONLINE: Das verstehen Sie unter fordern?

Gabriel: Ja, auch das. Das Sicherheitsgefühl der Deutschen ist auch etwas, vor dem man Respekt haben muss. Der Wiener Bürgermeister hat gerade in den Kommunalbauten mehr Ordnungskräfte eingestellt, die dafür sorgen, dass dort die Hausordnungen eingehalten werden. Er wollte nicht mehr hinnehmen, dass immer mehr Einheimische dort wegziehen und sich Großsiedlungen aus Ausländern dort bilden.

Nun, der Wiener Bürgermeister Michael Häupl befindet sich gerade im Wahlkampf, hat die Verhältnisse einreißen lassen und möchte sich jetzt – als guter Sozi – für das Angehen eines von ihm geschaffenen Problems feiern lassen, das ihm nach der Wiederwahl wieder so egal sein wird wie zuvor.

Der Chef der deutschen Sozialdemokratie sollte sich zudem hinter die Ohren schreiben, dass es um die Sicherheit aller geht und nicht nur um die der Deutschen. Oder sollte Gabriel sich eine Bevölkerungsgruppe nicht an Sicherheit interessiert vorstellen können, weil er alle die Angehörigen dieser Gruppe zu denen zählt, von denen Gefahr ausgeht? Oder hat er tatsächlich die Opfer vor Augen, die wegen ihres Deutschseins („Scheiß Deutscher“) zu solchen werden? Beides würde für eine sehr verengte Weltsicht Gabriels sprechen.

Interessant auch, dass Gabriel in Bezug auf die Sicherheit nur das „Gefühl“ beruhigen will und damit durchblicken lässt, dass er Gewalt bzw. Kriminalität allgemein ohnehin für ein Märchen hält, dass man seinen dumpfbackigen Wählern einfach nicht ausreden kann.

Aber so lachhaft substanzlos die Botschaft des Gabriel in diesem Falle auch ist, so ist es doch genug für die Fraktion der ewig Empörten. Cem Özdemir, nach unbestätigten Gerüchten der künftige Korruptionsbeauftragte der Grünen und Volker Beck werden ihrer Rolle in diesem Spiel in drei Akten – Vorschlag, Aufregung und Zerreden – voll gerecht und echauffieren sich kunstvoll, auf dass der deutsche Michel das sonst so gerne attestierte Gefühl(!) von tatsächlicher Politik bekommt.

Der Spiegel berichtet:

Berlin – Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Kurz nachdem SPD-Chef Sigmar Gabriel auf SPIEGEL ONLINE seine Position zur Integrationspolitik erläutert hatte, kamen schon die ersten scharfen Erwiderungen. Grünen-Chef Cem Özdemir zeigte sich zunächst ein wenig polemisch: “Es ist gut, wenn die SPD sich in der Integrationsdebatte wieder aktiv beteiligt. Da haben wir in den letzten Jahren nicht so viel gehört.” Inhaltlich aber distanzierte er sich von Gabriels Vorstoß: Er rate aber davon ab, “aufgeschreckt durch die Sarrazin-Debatte” zu agieren. Vielmehr müssten grundsätzliche Lösungen her, etwa beim Ausbau der frühkindlichen Bildung, der Ganztagsschulen und einer stärkeren gesellschaftlichen Einbindung von Migranten. Özdemir monierte zudem, dass bei den Integrationskursen schlicht Plätze fehlten.

Den Anlass der gabriel’schen Heilsbotschaft hat Özdemir erkannt und stellt dem gemäß seiner Rolle weiterreichende Forderungen entgegen, da man schließlich um das gleiche Klientel kämpft und sich auch in der Verachtung für alle anderen mit Gabriel einig ist. Und so heißt die Forderung des Vielfliegers und Kreditspezialisten: Wahlrecht für Ausländer (wenn auch verklausuliert) und mehr (noch) mehr Geld und Arbeitsplätze für die rot-grün dominierte Integrationsindustrie.

Volker Beck gibt der Spiegel mit dieser Forderung wieder:

Komplett ablehnend äußerte sich der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck. Er warf Gabriel “populistische Stammtischpolitik” vor. Die geforderten Sanktionen gebe es längst und die Forderung nach mehr Polizei und Repression zeuge vom fehlenden “Integrationsverstand” des SPD-Chefs. Es gebe zwar auch integrationsunwillige Migranten. Nicht die seien aber das Hauptproblem, sondern der Mangel an ausreichenden Angeboten für Zuwanderer.

Da muss dann tatsächlich die Generalsekretärin der SPD zur Verteidigung ihres Chefs die Bühne betreten:

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bekräftige die Angaben ihres Parteichefs. Sanktionen stünden zwar bereits in den deutschen Gesetzen. “Wir stellen aber fest, dass das nicht mit der nötigen Konsequenz umgesetzt wird.”

Die nötige Konsequenz wäre vielleicht einmal festzustellen, wenn man die windelweichen Paragraphen vollends mit Härtefallkommissionen ad absurdum führen würde. Diese Gremien, die meist von geistigen Koalitionären der rot-grünen Integrationsindustrie besetzt werden, sorgen zum Schluss dafür, dass nicht umgesetzt wird, was theoretisch nach dem Gesetz möglich wäre, soweit es darum geht, jemand aus dem Land zu entfernen, in das er sich nicht integrieren will und dies auch mit Straftaten eindrücklich dokumentiert. Sollte sich also einmal die Ausländerbehörde tatsächlich dazu hinreißen lassen, der politischen Führung Ungemach zu bereiten, indem sie mit der Absicht eine Abschiebung durchzuführen, dies der Kritik der immer besorgten Presse auslieferte, fängt man dieses Vorhaben spätestens mit der Härtefallkommission wieder auf. Die Rechtsprechung ihrerseits sorgt mit der Erfindung des faktischen Deutschen (Bundesverwaltungsgerichts) für eine weitere Chimäre, die aber (siehe Fall „Mehmet“ alias Mulis A.) nicht abgeschoben werden können. Schließlich sind diese faktischen Deutschen z.B. durch den Besuch einer deutschen Schule zu (faktischen) Deutschen geworden.

Es gibt allerdings Beobachtungen aus dem realen Leben, die den Gedanken nahe legen, manche Deutsche könnten faktische Ausländer sein.

Zum Schluss darf dann die Integrationsbeauftragte Böhmer ihren reichen Erfahrungsschatz feilbieten. Bisher konnte sie sich in der Sarrazin-Debatte nicht so recht zu Wort melden, da sie in der Hochphase der Diskussion um die Integration in Kanada weilte, um dort zu lernen, wie man es richtig macht:

Ähnlich wie Gabriel äußerte sich am Montag auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer. Die Christdemokratin sprach sich – wie bereits andere Unionspolitiker vor ihr – für härtere Maßnahmen gegen integrationsunwillige Ausländer aus. Im Extremfall sei über Sanktionen bei der Aufenthaltsgenehmigung nachzudenken, sagte Böhmer in Frankfurt. “Wir haben Umsetzungsprobleme bei den gesetzlichen Regelungen”, betonte sie. Neue Gesetze seien aber nicht erforderlich. Jobcenter könnten Migranten zu Eingliederungsmaßnahmen verpflichten. “Das wird meines Erachtens zu wenig gemacht”, kritisierte Böhmer.

Zudem schlug die Integrationsbeauftragte ein verpflichtendes, beitragsfreies letztes Kindergartenjahr vor. Dadurch sollten mehr Zuwandererfamilien ihre Kinder in den Kindergarten schicken. In Schulen müsse die individuelle Förderung der Kinder gestärkt werden, etwa durch mehr Lehrer, mehr Schulsozialarbeiter und mehr Ganztagsschulen. Die Entscheidung für solche Vorhaben und deren Finanzierung obliege den Bundesländern.

Damit aber kein Spiegel-Leser auf die Idee kommt, es werde hier um Lächerliches, weil eigentlich ohnehin Selbstverständliches gestritten, wird durch die Redaktion klar gemacht, dass man Gabriels Vorschläge als ganz toughes Vorgehen in der Integrationsdebatte betrachten muss.

Gabriel hatte sich im Interview mit SPIEGEL ONLINE für schärfere Sanktionen gegen integrationsunwillige Migranten ausgesprochen. “Wer auf Dauer alle Integrationsangebote ablehnt, der kann ebenso wenig in Deutschland bleiben wie vom Ausland bezahlte Hassprediger in Moscheen”, sagte er. Auch für Eltern, die ihre Kinder nicht regelmäßig in die Schule schickten, müsse es härtere Konsequenzen geben. Dies solle für Deutsche und Migranten gleichermaßen gelten.

Wo Selbstverständliches eine Härte ist, braucht man natürlich eine Härtefallkommission. Nicht, dass am Ende tatsächlich noch (lächerlich) wenig passiert.

Quelle:http://www.pi-news.net/2010/09/integrationsdebatte-placebo-fuer-den-stammtisch/#more-156231

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